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T a b u ist ein polynesisches Wort, dessen Übersetzung uns Schwierigkeiten bereitet, weil wir den damit bezeichneten Begriff nicht mehr besitzen. Den alten Romern war er noch geläufig; ihr s a c e r war dasselbe wie das Tabu der Polynesier. Auch das ? ? ? ? der Griechen, das K o d a u s c h der Hebräer muß das nämliche bedeutet haben, was die Polynesier durch ihr Tabu, viele Volker in Amerika, Afrika (Madagaskar), Nord- und Zentral-Asien durch analoge Bezeichnungen ausdrücken.
Uns geht die Bedeutung des Tabu nach zwei entgegengesetzten Richtungen auseinander. Es heißt uns einerseits: heilig, geweiht, anderseits: unheimlich, gefährlich, verboten, unrein. Der Gegensatz von Tabu heißt im Polynesischen noa = gewohnlich, allgemein zugänglich. Somit haftet am Tabu etwas wie der Begriff einer Reserve, das Tabu äußert sich auch wesentlich in Verboten und Einschränkungen. Unsere Zusammensetzung »heilige Scheu« würde sich oft mit dem Sinn des Tabu decken.
Die Tabubeschränkungen sind etwas anderes als die religiosen oder die moralischen Verbote. Sie werden nicht auf das Gebot eines Gottes zurückgeführt, sondern verbieten sich eigentlich von selbst; von den Moralverboten scheidet sie das Fehlen der Einreihung in ein System, welches ganz allgemein Enthaltungen für notwendig erklärt und diese Notwendigkeit auch begründet. Die Tabuverbote entbehren jeder Begründung; sie sind unbekannter Herkunft; für uns unverständlich, erscheinen sie jenen selbstverständlich, die unter ihrer Herrschaft stehen.
W u n d t nennt das Tabu den ältesten ungeschriebenen Gesetzeskodex der Menschheit. Es wird allgemein angenommen, daß das Tabu älter ist als die Gotter und in die Zeiten vor jeder Religion zurückreicht.
Da wir einer unparteiischen Darstellung des Tabu bedürfen, um dieses der psychoanalytischen Betrachtung zu unterziehen, lasse ich nun einen Auszug aus dem Artikel »Taboo« der »Encyclopedia Britannica« folgen, der den Anthropologen N o r t h c o t e W . T h o m a s zum Verfasser hat.
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