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Die folgenden Zeilen berichten über die politischen Morde, die seit dem 9. November 1918 in Deutschland vorgekommen sind. Dabei sind gleichmäßig die von Links und die von Rechts begangenen Morde dargestellt. Ein Fall wurde aufgenommen, falls es sich dabei um eine vorbedachte, gesetzwidrige, durch innerpolitische Motive verursachte Totung eines namentlich bekannten Deutschen durch einen anderen Deutschen handelte, wobei der Vorgang sich nicht als Massenhandlung sondern als individuelle Tat qualifizierte. Ich habe nur solche Fälle aufgenommen, wo die erschießende Partei nicht behauptet hat, daß sie von der Menge angegriffen wurde, und wo es sich nicht um eine Lynchung durch eine namenlose Menge oder andersgeartete Massenhandlungen, sondern um ganz bestimmte T ä t e r handelte. In der Auswahl der Fälle bin ich bei den Morden von Rechts viel vorsichtiger verfahren als bei denen von Links. Ich habe daher mehrere Fälle von Links mitaufgenommen, die mehr den Charakter von Tumulten als von politischen Morden hatten. Auf die Exaktheit der Angaben habe ich in jedem einzelnen Falle die großtmogliche Sorgfalt verwendet und versucht, überall aktenmäßige Genauigkeit zu erreichen. Ich habe mich gestützt auf Gerichtsakten, Urteile, Entscheidungen über Einstellung des Verfahrens, Zeugenaussagen, Mitteilungen von Rechtsanwälten, von Hinterbliebenen, endlich Zeitungsnotizen. Die Prozeßberichte habe ich hauptsächlich in den rechtsstehenden Zeitungen studiert. In allen Fällen, wo das Material nicht genau war, wurde an die Angehorigen und Berichterstatter geschrieben. Blieben die Nachrichten unvollständig, so blieben die betreffenden Fälle weg. Ich kann somit jede hier vorgebrachte Behauptung einwandfrei belegen. Prinzipiell wurden nur solche Fälle aufgenommen, in denen der Name des Opfers mir bekannt wurde. Wo sich im Text auch anonyme Fälle finden, dienen sie nur zur Veranschaulichung der betreffenden Vorgänge. Nur an zwei Stellen bin ich von diesem Prinzip abgewichen. (Seite 18 und 32.) Der jeweilige Stand des Verfahrens war am schwierigsten zu ermitteln. Es ist daher moglich, daß in Fällen, wo mir kein Verfahren bekannt wurde, ein solches tatsächlich schwebt oder das Verfahren bereits eingestellt wurde. Dagegen glaube ich, daß die Zahl der von mir angeführten Bestrafungen vollständig ist. Das Buch kann keinen Anspruch darauf erheben, alle politischen Morde darzustellen, die in den letzten Jahren in Deutschland vorgekommen sind. Ich bitte daher alle Leser, welche weitere Fälle wissen, hierüber an den Verlag der Neuen Gesellschaft, Berlin-Fichtenau, zu schreiben. Das vorliegende Buch ist eine Fortsetzung und Erweiterung meiner Broschüre »Zwei Jahre Mord.« Ich hatte darin unter anderm die Behauptung aufgestellt, daß die deutsche Justiz über 300 politische Morde unbestraft läßt und hatte erwartet, daß dies nur zwei Wirkungen haben konne. Entweder die Justiz glaubt, daß ich die Wahrheit sage, dann werden die Morder bestraft. Oder sie glaubt, daß ich lüge, dann werde ich als Verleumder bestraft. Tatsächlich ist etwas Drittes, vollig unvorhergesehenes eingetreten: Obwohl die Broschüre keineswegs unbeachtet blieb, ist von behordlicher Seite kein einziger Versuch gemacht worden, die Richtigkeit meiner Behauptungen zu bestreiten. Im Gegenteil, die hochste zuständige Stelle, der Reichsjustizminister, hat meine Behauptungen mehrmals ausdrücklich bestätigt. Trotzdem ist nicht ein einziger Morder bestraft worden.
Berlin, 16. Oktober 1922.
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