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Die meisten der jetzt Lebenden werden von einer solchen Glocke gehort haben, sie selbst gesehen oder ihren Klang vernommen hat wohl niemand. Man meint zu wissen, sie sei den Kirchenglocken gegenüber nur von winziger Große gewesen, etwa kaum zwei Schuh hoch, und habe ein feines und heftiges Geläute gehabt, womit sie den Verurteilten auf dem Todeswege begleitete, vom Austritt aus dem Gefängnis in die freie Morgenluft bis hin zur Femstätte und bis er sein armes Leben dem Schwerte oder dem Feuer, dem Galgen oder dem Rade hingegeben hatte. Von wo aber jenes jetzt bis zur Vergessenheit verschwundene Glocklein seinen Klang erschallen ließ, ob von den Kirchentürmen neben den großen Glocken, ob aus einem eigenen Balkengefüge oder von dem Dache eines Gefangenhauses, das wird kaum jemand zu beantworten wissen. Die Sünderglocke im Magdalenenturm zu Breslau war erst auf Bitten ihres Meisters, dem sie zu Tode läutete, zu diesem Dienst geweiht worden.
In einem Kirchturm unserer nordlichen Städte aber soll zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts ein Armesünderglocklein gehangen haben, ein Dutzend Leiterstiegen unterhalb der drei großen Kirchenglocken. Hinter einer schmalen Turmluke, die nach Norden hinaus gelegen, wo vor der Stadt neben des Bürgermeisters Fischteich die Femstätte oder, wie die Leute sagten, der Galgenberg gewesen ist, soll es seine Stätte gehabt haben. So ein armer Sünder seinen letzten Gang hat antreten müssen, hat man die Luke aufgestoßen und dann unten auf dem Grund des Turmes das Glockenseil gezogen, damit das Geläute den Verfemten in den harten Tod geleite.
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