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Junge, du bist ja ganz verwandelt; ich erkenne dich gar nicht wieder!« so sagte eines Tages Meister Ruhland im Atelier zu seinem jungen Schüler. Meister Ruhland hatte recht. Aber es war alles ganz natürlich zugegangen. Als einige Jahre zuvor Erwin Dürer kaum neunzehnjährig aus seiner thüringischen Heimat in die süddeutsche Kunststadt gezogen kam, da unterschied er sich in nichts von hundert andern seinesgleichen. Er wollte Maler werden. Warum? Er war in der Zeichenstunde immer der Erste gewesen, und sein Vater, ein ehrsamer und wohlhabender Weißbindermeister, der sich auf seine alten Tage bis zu sinnreichen Wirtshausschildern verstiegen hatte, wünschte durchaus, daß der Sohn noch ein großerer Künstler werde als er selbst. Dagegen hatte Erwin nichts einzuwenden. Er ergriff einen Beruf, weil er nicht von einem Beruf ergriffen wurde, und das Malen stellte er sich recht lustig vor. So ganz lustig war es nun freilich nicht, wie er gedacht hatte. Der tüchtige Mann, zu dem er in die Lehre kam, hielt ihm gleich am ersten Tage eine Rede, welche in den Worten gipfelte: »Begabung ist eine Kutsche, und Fleiß ist ein Gaul. Der Gaul ohne Kutsche kann einen weiterbringen, die Kutsche ohne Gaul aber nicht.« Diese Rede hielt Meister Ruhland, vor seiner Staffelei stehend, und ohne von der Arbeit aufzublicken; denn er war gerade mit der Untermalung einer Pferdemarktscene beschäftigt. Erwin ließ sich das gesagt sein. Er war fleißig ohne Uebereifer, thätig ohne Thatendrang. Er besaß die stille, beharrliche Arbeitsamkeit von Menschen, die durch nichts von ihrem geraden Wege abgelenkt werden, nicht durch innere Zweifel und Kämpfe, nicht durch flackernde Wünsche und Leidenschaften. Er lebte mit der großten Regelmäßigkeit, wurde von seinen jedesmaligen Wirtsleuten als Muster und Vorbild eines Mietsherrn vergottert, legte sich jeden Abend Punkt zehn Uhr zu Bett und fand sich nach einem gesunden Schlaf jeden Morgen mit dem Glockenschlag acht Uhr im Atelier ein. Dieses Leben setzte er mehrere Jahre ohne die geringste Unterbrechung fort; nur im Sommer gestattete er sich eine Erholungsreise in das nahe Hochgebirge, bei der er jedoch seine Studien gewissenhaft weiter betrieb. Die einzige ernstere Erschütterung im Laufe dieser Jahre erfuhr er durch den plotzlichen Tod seines Vaters. Seine Mutter war ihm schon in früher Zeit entrissen worden.
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